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it den französischen „Carosses à

cinq sols“ ging alles los: Die „Wa­

gen für fünf Sols“ boten ihren Fahr­

gästen wenig Komfort, markieren

aber die Geburtsstunde des öffentlichen Nahver­

kehrs. Ab 1662 verbanden die Pferdeomnibusse

mehrere Pariser Stadtteile. Auflagen und Tariferhö­

hungen führten jedoch dazu, dass das Unterneh­

men 1680 zugrunde ging. Bis der organisierte Ver­

kehr richtig ins Rollen kam, dauerte es noch mehr

als 100 Jahre: Anfang des 19. Jahrhunderts gingen

in Großstädten wieder von Pferden gezogene Om­

nibusse auf die Strecke. Mit seiner ersten Buslinie

in Deutschland landete der Berliner Fuhrunterneh­

mer Simon Kremser 1825 einen Hit: Seine Pferde­

wagen mit Verdeck schufen eine Verbindung zu den

Orten der Umgebung, etwa nach Charlottenburg.

New York, New York ...

Tausende Kilometer entfernt, im boomenden New

York, feierte wenige Jahre später die Straßenbahn

ihre Premiere: Im November 1832 glitt sie zum ers­

ten Mal über die Schienen quer durch Manhattan

bis in den Stadtteil Harlem. Gezogen wurden die

drei mit Polstersitzen ausgestatteten Waggons der

„New York and Harlem Railroad“ für jeweils zehn

Fahrgäste ebenfalls von Pferden. Die Großstadt be­

hielt ihre Vorreiterrolle in puncto des öffentlichen

Personennahverkehrs: Ab Mitte des 19. Jahrhun­

derts wurde die Straßenbahn mit einer Weiterent­

wicklung der Watt’schen Dampfmaschine betrie­

ben, 1873 rollte bereits die erste kabelbetriebene

Bahn im Dienste NewYorks. Die europäischen Stra­

ßenbahnen – ab 1865 konnte man den modernen

Service auch in Berlin nutzen – wurden derweil

noch von Huftieren gezogen. Die erste Dampfstra­

ßenbahn konnte man 1877 in Kassel bestaunen.

Per E-Bahn durch Lichterfelde

Dank Werner von Siemens’ Erfindergeist gab es ab

1881 schon elektrisch betriebene Bahnen, die den

Strom über die Schienen aufnahmen und wie durch

Zauberhand über die Straßen glitten. Erstmals fuhr

die Elektrobahn in Berlin-Lichterfelde. In den klei­

neren Städten Ulm und Neu-Ulm tickten die Uhren

etwas langsamer. Erst 1892 begann das Thema

öffentlicher Stadtverkehr die Gemüter zu erregen,

was einen langen Planungsprozess nach sich zog.

Im Mai 1897 kam es schließlich zur feierlichen

Inbetriebnahme der Straßenbahnlinien Bahnhof

Ulm – Münsterplatz – Frauenstraße – Olgastraße –

Bahnhof Ulm (Ringbahn) und Bahnhof Ulm – Bahn­

hof Neu-Ulm.

M

Pferdetram

Früher von Huftieren gezogen,

heute durch Touchscreen bedienbar

oder autonom fahrend: Straßen­

bahnen und Busse. Der öffentliche

Personennahverkehr durchfuhr eine

bewegte Geschichte.

gestern

heute

morgen

Blick auf Ulm, Neu-Ulm

und die weite Welt

1832

In New York rollt

die welterste Straßenbahn

von Manhattan nach Har-

lem. Ihr Antrieb: Pferde.

1855

Die erste Straßen-

bahn Europas fährt in Paris.

1863

Die Metropolitan

Railway in London wird

eröffnet. Sie gilt als erste

U-Bahn der Welt und wird

durch Dampfloks betrieben.

1873

In New York wird

die Straßenbahn von einem

Kabel gezogen, das von ei-

ner Dampfmaschine ange-

trieben wird.

1896

Die erste elektrische,

unterirdisch verkehrende

Metro auf dem europäischen

Festland fährt in Budapest.

1897

Die erste elektrische

Straßenbahn ist in unserer

Region im Einsatz.

Um 1900

In 150 deut-

schen Städten gibt es Stra-

ßenbahnbetriebe.

1911

Auch bei uns fahren

jetzt Linienbusse: Der erste

Bus mit 30 PS, 18 Sitz- und

zehn Stehplätzen geht auf

die Strecke Ulm–Wiblingen.

1915

Unerwartetes Ende

für die erste Ulmer Buslinie:

Die zwei Busse werden

samt Fahrer zum Kriegs-

dienst eingezogen.

1920er Jahre

Über

dreitausend Straßenbahn-

unternehmen soll es welt-

weit geben.

1927

Einführung offizi-

eller Liniennummern der

Straßenbahnen in Ulm

1944

Vorübergehende

Betriebseinstellung aller

Straßenbahnlinien in Ulm

1947

Die Stunde des

städtischen Busverkehrs: Es

fahren Oberleitungsbusse

durch Ulm und Neu-Ulm.

1948

Die Buslinie 8

nimmt als klassischer Bus

mit Dieselantrieb ihren Be-

trieb auf – wiederum fährt

sie nach Wiblingen.

1950er Jahre

Die

Autoindustrie lässt ihre

Muskeln spielen und ver-

drängt die Bahn von der

Straße. Die Tram gilt als

Behinderung des Individual-

verkehrs, als Ersatz soll der

Bus dienen.

Im Mai werden Ulm

und Neu-Ulm zu

Straßenbahnstädten. Acht

Triebwagen verkehren

auf der Ringlinie und der

Strecke Ulm–Neu-Ulm

Von der

Heute per Smartphone erhältlich, früher noch

handschriftlich abgehakt: der Fahrschein für

die städtische Straßenbahn

Karl Kässbohrer stellt als Produzent

von Lastwagen und Kutschen seinen

ersten Motor-Omnibus vor, der auf

der Linie Ulm–Wiblingen eingesetzt

wird. Der 1866 von Conrad Dietrich

Magirus gegründete Nutzfahrzeug-

hersteller baut ab 1919 Omnibusse

Nicht gefeit vor spekta­

kulären Unfällen: Aus

ungeklärten Gründen legte

sich am 20. April der Trieb­

wagen 11 in der Ulmer

Hirschstraße auf die Seite

Feierlich geschmückt fährt der

Oberleitungsbus der neuen Linie 6 über die

Neutorbrücke den Ulmer Eselsberg hinauf

Dieser Artikel wurde unterstützt von Dr. Michael

Buchholz, Institut für Mess-, Regel- und Mikro-

technik, der Stadt Ulm, dem Stadtarchiv Ulm, der

EvoBus GmbH (Daimler Buses), dem Antiquariat

Heimatsammlung aus Kehl-Marlen, PostAuto, der

Stadt Bern, Local Motors, USA, Alexander Schatz

(Ulmer Eisenbahnen), der Siemens AG, Mercedes-

Benz Omnibusse und Iveco Magirus AG.

ein besonderer Dank

SWU. Verlass dich drauf.

SWU. Verlass dich drauf.

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