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VOM KÜCHENGEFÄNGNIS ZUM GENUSSPALAST

Die Frankfurter Küche mit ihren standardisierten 1,90 mal 3,44 Metern zeigt deutlich

die eindrucksvolle Karriere, die Küchen inzwischen machten: Vom Hort des kleinbürger­

lichen Miefs, gezeichnet von der Geringschätzung weiblicher Hausarbeit, zum Zentrum

des häuslichen Lebens. Der Herd ist nicht mehr Lebensmittelpunkt der Frau, sondern ein

hochentwickelter Kochtempel für männliche und weibliche Ästheten und Hightech­

liebhaber – ob sie nun darin Speisen zubereiten oder nicht. Die Größe und Einrichtung

der Küche ist heute ein Barometer, an dem sich auch soziales Milieu ablesen lässt.

Otl Aicher (1922-1991), gebürtiger Ulmer und einer der bedeutendsten deutschen

Designer, hätte sicher Freude am modernen Küchen-Lifestyle, bezeichnete er doch die

Frankfurter Küche als „Indiz einer schikanösen Männerwelt“. Er widmete sich in seinem

Buch „Die Küche zum Kochen“ von 1982 intensiv der Weiterentwicklung des Küchen­

designs. Heute verbirgt sich Funktionalität bei vielen Küchen wie selbstverständlich hin­

ter schönem Design. Was sich gerade ändert: Die Küchengeräte machen sich auf den

Weg ins Internet. Die Kaffeemaschine per App steuern ist heute bereits keine große

Sache mehr. Und dass der Kühlschrank die Zutaten fürs Abendessen selbst bestellt, wird

vielleicht bald Standard.

Um 1950

Die

Stadtwerke Ulm besitzen

vier Showküchen und ver­

anstalten viele Jahre lang

Kochkurse und Weihnachts­

backaktionen.

1957

Braun bringt die

Küchenmaschine KM3 auf

den Markt. Das Gerät wird

bis 1991 rund 2,3 Millionen

Mal produziert.

1959

Hans Roericht,

Student an der Ulmer Hoch­

schule für Gestaltung,

wählt für seine Abschluss­

arbeit das Thema „Hochsta­

pelgeschirr“. Das „TC 100“

erlangt Weltruhm.

1970

Der erste Herd mit

Glaskeramikplatte (Ceran­

feld) wird produziert.

1970er-Jahre

Das

Mikrowellengerät wird zum

allseits beliebten und er­

schwinglichen Kochgerät.

1980

Die Küche wird

größer. Der Trend zur Wohn­

küche kommt auf.

1984

Die ersten Indukti­

onsherde kommen, sind

aber noch extrem teuer.

1990

Die Küche entwi­

ckelt sich zum Status­

symbol.

2020

Längst ist die mo­

derne Küche vernetzt und

automatisiert. Alles ist auf

Effizienz und Effektivität

ausgerichtet. Erobern Ro­

boter jetzt die Kochlöffel?

Dutzende Küchengeräte gehören heute zur

Grundausstattung jeder Küche. Aber: Noch steht

der Mensch selbst am Herd

Automatische Helfer­

lein, die unter anderem

erhitzen und mixen

können, sind längst in

der Küche angekommen

DIE FRANKFURTER KÜCHE GILT ALS URTYP

DER EINBAUKÜCHE – AB DEN 1970ER-

JAHREN LANDETE SIE AUF DEM SPERRMÜLL

Bis 1932 kam die Frankfurter Küche,

entwickelt 1926, im großen Stil

zum Einsatz. Herstellungskosten pro

Küche: rund 500 Reichsmark

Was für Otto Normalverbraucher noch befremd-

lich klingt und den leidenschaftlichen Koch wo-

möglich die Hände über dem Kopf zusammen-

schlagen lässt, ist vielleicht schon in wenigen

Jahren gang und gäbe: ein Roboter als Küchen-

fee. Er bereitet nicht nur Speisen zu, sondern

reinigt im Nachhinein auch seinen Arbeitsplatz.

Das Beste daran: Es gibt ihn bereits.

Mittagessen? Moley macht‘s!

Die Londoner Firma Moley Robotics entwickelte

eine selbstarbeitende Küche. Zwei Roboterarme

hängen von der Küchenzeile herunter und wal-

ten ihres Amtes. Gelernt hat „Moley“ vom Profi:

Ein ehemaliger Sternekoch nahm seine Bewe-

gungsabläufe per Motion-Capturing-Technik

auf. 2018 soll Moley auf den Markt kommen.

Aber auch der Robo-Koch braucht Küchenhelfer.

Geeignet wäre der neue Ofen des US-Start-ups

June: Er schaut sich das Essen, das man ihm auf

den Rost legt, genau an. Per Kamera und künst-

licher Intelligenz identifiziert die Maschine Le-

bensmittel – ob Fleisch, Brotteig oder Gemüse.

Eine Waage definiert das Gewicht der Speise

und „June“ wählt das richtige Garprogramm

aus. Per Smartphone-App meldet sie sich, so-

... zur

Roboter-

Küche

IM JAHR 2030 KÖNNTEN ROBOTER

WIE MOLEY SCHON IN GANZ

NORMALEN KÜCHEN IHRE ARBEIT TUN

Ist der Kühlschrank mit dem

Internet verbunden, kann bei

der Lebensmittelorganisation

kaum noch etwas schiefgehen

bald das Essen fertig ist. Und sendet gleich

noch ein Foto dazu.

Achtung, Milch ist alle

Der intelligente Kühlschrank von Samsung bie-

tet schon jetzt, was in der Küche der Zukunft

nicht fehlen darf: Er ist mit WLAN, Touchscreen

und Überwachungskameras ausgestattet. Ist

ein Lebensmittel nicht mehr frisch oder

fehlt etwas, schlägt er Alarm. Gemein-

sam mit seinen Freunden Moley und

June belebt der Kühlschrank die Küche

mit künstlicher Intelligenz.

Fotos: Armin Herrmann

Foto: bialasiewicz/123RF

Foto: gstockstudio/123RF

Foto: tiler84/123RF

Foto: Ralph Whitehead

Foto: Samsung

Foto: kirillm/123RF