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ngeregte Unterhaltungen, schwin-

gende Kochlöffel, Gelächter, halb

leere Weingläser, entspannte Men-

schen: Die Küche ist zum Wohnen

da, hier wird gemeinsam gekocht, diskutiert, ge-

schmeckt, probiert. Die längste Zeit war die Koch-

stelle aber alles andere als ein reizvoller Ort. Gegart

und gebacken wurde an offenen Feuerstellen am

Boden, mehr war nicht drin – bis ins Mittelalter

hinein. Wer eine Kochstelle im Freien benutzen

musste, war Wind und Wetter ausgesetzt. Wer im

Haus kochte, befand sich in einem Dickicht aus Ruß,

Rauch und Asche. Glücklich schätzen konnten sich

die reichen Griechen und Römer der Antike, die ein-

fach ihre Sklaven zum Kochen in die Rußhöhlen

schickten. Die einfache Stadtbevölkerung besaß

keine Küchen.

A

Feuerstelle …

Tüftler hatten viel zu tun, bis sich

die Küche zu einem Ort mit

Alltagskomfort entwickelte. Der

aktuelle Trend geht zur Küche mit

Köpfchen, der Smart Kitchen.

gestern

HEUTE

morgen

Blick auf die Region

und die weite Welt

8. – 2. Jh. v. Chr.

Wohlhabende Griechen be­

sitzen als Erste separate

Küchen mit offenen Feuer­

stellen im Haus.

Ab dem 9. Jh.

Die

Feuerstelle entwickelt sich

zum gemauerten Herd mit

Rauchfang und Schornstein.

16. Jahrhundert

Eingemauerte Kochherde

verbrauchen weniger

Energie und senken den

Holzverbrauch.

1735

Francois de Cuvilliés

stellt den ersten voll­

ummauerten Kochherd mit

durchlöcherter Eisenplatte

für Kochtöpfe vor.

1851

Der erste trans­

portable Gasherd wird vor­

geführt.

1893

Die Weltausstellung

in Chicago präsentiert den

ersten Elektroherd.

1895

In Ulm fließt Strom.

Um 1900

In den

Städten setzen sich Gas­

herde durch.

1926

Die Wiener Archi­

tektin Margarete Schütte-

Lihotzky entwickelt mit der

Frankfurter Küche die Mut­

ter aller Einbauküchen.

1926

Der weltberühmte

Ulmer Albert Einstein mel­

det Patente auf Kühlschrän­

ke an, die ohne toxische

Kühlmittel auskommen.

1930

Die Hausfrau zeigt

sich skeptisch zur allgemei­

nen Verbreitung des Elek­

troherds: Es besteht die An­

nahme, die Speisen

„schmecken elektrisch“.

Um 1920/1930

Mit­

arbeiter der Ulmer Stadt­

werke fahren mit einem

Traktor und einem aufgela­

denen Elektroherd aufs

Land, um die neue Technik

vorzustellen.

1930er-Jahre

Erste

Mixer mit Standfuß und

Schüssel, nach US-amerika­

nischem Vorbild, kommen

auf den Markt.

1946

Der erste, zwei

Meter hohe Mikrowellen­

herd wird gebaut.

Ab der zwei­

ten Hälfte

des 19. Jahr-

hunderts

genossen

einige deut­

sche Haus­

frauen den

Luxus eines

Gasherdes

In der herrschaft­

lichen Küche

fanden viele

Frauen Arbeit

Thermomix der

Vergangenheit:

eine elektrische

Kochkiste

VON DER

SWU. Verlass dich drauf.

SWU. Verlass dich drauf.

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Grillen wie da Vinci

Im Mittelalter änderte sich an der Gestalt der

Küche kaum etwas. Offene Feuerstellen waren im

Wohnhaus, bei der Adelsgesellschaft in separa-

ten Häusern untergebracht. Eine gute Idee hatte

Leonardo da Vinci: Er erfand um 1480 den Dreh-

spieß, der leider noch jahrhundertelang per Hand

gewendet werden musste. Bei der einfachen

europäischen Landbevölkerung blieben die mit-

telalterlichen Küchen bis in die Mitte des 20. Jahr-

hunderts erhalten, immerhin mit einer cleveren

Zusatzfunktion: Der Rauch wurde durch ein

Kamin in eine Kammer unter dem Dach geleitet

– die perfekte Räucherkammer. Nur die Küchen

der wohlhabenden Bevölkerung entwickelten

sich stetig weiter. Erst im 18. Jahrhundert gab es

den ersten Herd mit einer rundum geschlossenen

Feuerstelle, bedeckt mit einer Eisenplatte.

Neuheit im Bauhaus-Stil

Gas und Elektrizität ließen Anfang des 20. Jahr-

hunderts endlich einen bemerkenswerten Wan-

del aufkommen. Unter anderem Zentralheizung,

Warmwasserboiler und Schnellkochtöpfe brach-

ten frischen Küchenwind. Architekten beschäf-

tigten sich mit der Planung optimierter, funktio-

naler Küchensysteme. Einen Hit für die breite

Bevölkerung landete die österreichische Archi-

tektin Margarete Schütte-Lihotzky 1926 mit ihrer

Frankfurter Küche. In die moderne, abgetrennte

Einbauküche wurde die Hausfrau oder die Haus-

hälterin verbannt, um ihren Job zu tun. Daran

änderte sich einige jahrzehntelang nichts.

DIE PUPPENKÜCHEN AUS DER SAMMLUNG DER ULMERIN

INGELORE RUMP WAREN SCHON IMWEISSENHORNER HEIMATMUSEUM

ZU SEHEN. DIE ORIGINALGETREUEN NACHBILDUNGEN SPIEGELN DIE

ENTWICKLUNG DER KÜCHE WIDER

Elektrische Kaffee­

maschine Protos von

Siemens

Der elektrische Herd

setzte sich bei der

deutschen Bevölkerung

erst nach dem Zweiten

Weltkrieg durch

Dieser Artikel wurde unterstützt vom Museum für Energiegeschichte(n) der Avacon AG,

von Moley Robotics aus London und vomWerkbundarchiv – Museum der Dinge in Berlin.

EIN BESONDERER DANK

Neuer Küchenhelfer: die

Brat- und Backröhre

JAHRE