Flexibel zu sein gilt als eine oft existenzielle unternehmerische Eigenschaft. Schnell auf Veränderungen am Markt zu reagieren, veränderte Kundenwünsche aufgreifen und beantworten, Innovationschancen erkennen und ins bestehende Geschäft integrieren – so entsteht Wettbewerbsfähigkeit. Mit der Energiewende ist eine zusätzliche Aufgabe hinzugekommen. Wem es als Unternehmen gelingt, den Verbrauch bzw. Strombezug an die stark schwankenden Verhältnisse am Strommarkt anzupassen, hat genauso die Nase vorn wie jene, die kreativ auf neue Energiequellen zugreifen.
„Flexibilitäten sind zum entscheidenden Kriterium für alle geworden, um den Energieverbrauch sowohl nachhaltiger als auch kostengünstiger zu gestalten“, sagt Dr. Fabian Feldhoff, Referatsleiter Business Development bei der SWU. „Gerade für Unternehmen mit durchgehender Grundlast oder hohen Lastspitzen bietet sich diese Überlegung an.“ Eine typische Herausforderung ist aus seiner Sicht die Frage, wie sich Verbrauch und Lasten auf Zeiten verlagern lassen, zu denen der Strompreis besonders niedrig liegt. So gibt es Unternehmen, die Ladevorgänge vom frühen Abend, wenn alle laden und der Preis hoch ist, auf die Nacht verlagern. Bei Betrieben mit Kühllagern oder Wasserpumpen bietet sich ebenfalls eine Verschiebung der Lasten an. An einem entsprechenden Pilotprojekt, bei dem Wasserbehälter als Speicher genutzt werden, ist die SWU aktuell beteiligt.
„Grundsätzlich geht es vor allem darum, den Verbrauch zeitlich so zu verschieben, ohne dass es mir als Unternehmen weh tut,“ stellt Feldhoff fest. „Niemand möchte seine Produktion aus der Kernzeit in Nebenzeiten verschieben. Es sind aber schon oft die kleinen Dinge, die ein erhebliches (Flexibilitäts-)Potenzial bergen.“ Selbst Unternehmen, denen es an Flexibilität mangelt – aus welchen Gründen auch immer – kann geholfen werden. Für Gewerbe- und Industriekunden stehen heute leistungsfähige Batterielösungen zur Verfügung.
Unterm Strich ergeben sich aus der Flexibilität fünf klassische Kernoptionen mit hohem Spareffekt:
- Der Leistungspreis der Netzentgelte kann für ein Kalenderjahr reduziert werden. Dazu lohnt sich inzwischen oft schon ein Batteriespeicher. So kann einfach die Spitzenlast reduziert oder auf sogenannte Hochlastzeitfenster konzentriert werden. Insbesondere lassen sich damit Phasen vermeiden, in denen Strom teurer ist, weil das Netz generell stark belastet ist. Fachleute bezeichnen das als „atypische Netznutzung“.
- Bei einer Erhöhung des Eigenverbrauchs wird Strom aus eigener PV-Erzeugung optimiert und kostengünstig genutzt; etwa durch das Laden der Batterie oder Zuschalten von Verbrauchern.
- Über einen Spot-Tarif oder einen dynamischen Tarif, wie sie die SWU im Angebot hat, kann man den Verbrauch in Zeiten günstiger Preise erhöhen und in Zeiten hoher Preise reduzieren oder ganz vermeiden. Im Durchschnitt sinkt damit der Strompreis.
- In Phasen, zu denen ein Unternehmen mehr Leistung braucht (z.B. für Ladeinfrastruktur), lässt sich diese über einen Batteriespeicher abrufen, statt neue Netzanschlussleistung zu beantragen, die meist mehrere Tausend Euro Kosten nach sich zieht.
Auf dem nächsten Level beim Nutzen von Flexibilitäten sind bereits aktive Fähigkeiten am Energiemarkt gefragt, erklärt Feldhoff. „Wenn man Zeiten hat, in denen nicht die volle Kapazität des Batteriespeichers für den eigenen Bedarf genutzt wird, kann mit dem ‚Rest‘ – unter Einhaltung der Regulatorik – auch ein Mehrerlös am Intraday-Spotmarkt erzielt werden“, nennt er ein typisches Beispiel. „Hier bietet es sich an, auf das umfangreiche Wissen und die praktischen Erfahrungen zuzugreifen, die in unserem Beratungsteam vorhanden sind.“ So kann die SWU dazu detaillierte Batterie-Analysen erstellen, insbesondere, ob ein Speicher sinnvoll ist und wie groß er sein soll – unabhängig vom Hersteller und passgenau zugeschnitten auf die Möglichkeiten und individuellen Bedarfe der Kunden. „Das bedeutet nicht zuletzt: Unternehmen können zielgerichtet investieren, um Flexibilitäten zu erschließen und zu gestalten. Im Betrieb kann über die Optimierungslösung der SWU dann ein günstigerer Strompreis erzielt werden. Das hilft dem Geldbeutel und steigert den Anteil erneuerbarer Energien.“
Kurz erklärt
Flexibilitäten
Im Energiemarkt bedeutet Flexibilität, dass Unternehmen ihre Stromerzeugung oder ihren Stromverbrauch anpassen können. Flexible Kraftwerke wie Gaskraftwerke oder Biomasse-Kraftwerke können ihre Produktion erhöhen oder verringern. Betreiber von Batteriespeichern können Strom einspeichern und zu späteren Zeiten wieder ausspeichern. Flexible Industriebetriebe können ihre Produktion (teilweise) hoch- oder runterfahren und damit ihren Stromverbrauch anpassen. Flexibilität gleicht schwankende Stromerzeugung und -nachfrage aus, stabilisiert die Frequenz im Stromnetz und sichert damit die Stromversorgung.
Flexibilitätsvermarktung
Da Flexibilität im heutigen Stromsystem einen großen Wert hat, können Energieversorger und Energiehändler Flexibilität handeln. Dies nennt sich Flexibilitätsvermarktung. Am Energiemarkt ergibt sich durch Angebot und Nachfrage für jede Viertelstunde ein Preis für Strom. Dieser ändert sich stetig, sei es durch schwankende Wetterbedingungen oder durch Ereignisse wie Kraftwerksausfälle. Die Flexibilitätsvermarktung ermöglicht es Energiehändlern, überschüssige Strommengen zu verkaufen oder fehlende Strommengen zu kaufen. Konkret bedeutet dies, dass sie verfügbare Produktions- oder Speicherkapazitäten kurzfristig im Großhandel anbieten können. Auch Unternehmen, die ihren Stromverbrauch reduzieren oder Strom zwischenspeichern können, können davon profitieren. Dienstleister wie die SWU binden die dafür geeigneten Anlagen ins Stromsystem ein. So können kleine Anlagen zusammen agieren wie ein großer Marktteilnehmer.
Vertiefende Informationen
Vertiefende Informationen finden sich unter diesen Links
- Atypische Netznutzung
- Bundesnetzagentur. (o. D.). Individuelle Netzentgelte Strom gemäß § 19 StromNEV. Abgerufen am 05.12.2025
- Unternehmerische Strategie
- McKinsey Deutschland. (2025, 16. Juni). Flexibilisierung der Stromnachfrage der Industrie könnte Spitzenlast um bis zu 15 % senken.
- Fraunhofer ISE. (o. D.). Flexibilitätsmanagement von Energieanlagen. Abgerufen am 05.12.2025
- Hintergrund und Studien
- Fraunhofer ISE. (2024). Stromstudie 2024 für Baden-Württemberg.
- Bundesnetzagentur. (o. D.). Flexibilität im Stromversorgungssystem. Abgerufen am 05.12.2025
- Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. (o. D.). Energiekonzept für Baden-Württemberg. Abgerufen am 05.12.2025